Cerastoderma edule

Gemeine Herzmuschel

Stand
Autor/in
Barbara Kiesewetter

Jeder, der gern Muscheln sammelt, mag die hübschen, immer wieder etwas anders gefärbten Schalen der Herzmuschel. Sie sind an den Küsten von Nord- und Ostsee sehr häufig zu finden.

Steckbrief

Wie sehen Gemeine Herzmuscheln aus?

Die Gemeine oder Essbare Herzmuschel gehört zu den Weichtieren (Mollusken) und dort zur Klasse der Muscheln und zur Familie der Herzmuscheln. Muscheln besitzen kein Skelett im Körperinneren, sondern stattdessen ein äußeres Skelett (Exoskelett) –die kalkige Schale. Die Gemeine Herzmuschel hat, wie alle Muscheln, ein Gehäuse aus zwei Hälften. Diese sind stark gewölbt und so dick, dass sie nicht so leicht zerbrechen. Bei der Herzmuschel sind diese beiden Hälften des Gehäuses gleich geformt und gleich groß.

Der sogenannte Wirbel – das ist das etwas knubbelige schmale Ende jeder Schalenhälfte – liegt in der Mitte, die Muschel ist also symmetrisch gebaut. Sie wird bis zu fünf Zentimeter lang und drei Zentimeter dick, meist findet man jedoch Muscheln, die ein bis drei Zentimeter lang sind. Wo sich die Wirbel beider Schalen treffen, liegt das sogenannte Schloss. Dort hält ein Band die beiden Gehäusehälften wie ein Gelenk oder ein Scharnier zusammen. Im Inneren der Muschel sind die beiden Schließmuskeln, mit deren Hilfe sie ihre Schale auf- und zuklappen kann.

Vom schmalen Ende der Muschel aus ziehen sich etwa 25 Rippen über die Schale. Sie werden von sogenannten Anwachslinien gekreuzt, die ein bisschen wie Falten aussehen und oft mit schuppenartigen Gebilden besetzt sind. Die Gemeine Herzmuschel kann recht verschieden gefärbt sein. Die Farbpalette reicht von weiß über gelblich-beige bis zu braun. Sie ist aber nicht einfarbig, meist sind zum Beispiel die Anwachslinien dunkler als der Untergrund der Schale.

Im Inneren des Gehäuses befinden sich Kiemen, Geschlechtsorgane und alle anderen Organe wie zum Beispiel Herz und Kreislaufsystem. Sie werden von den sogenannten Mantellappen umhüllt, die miteinander verwachsen sind. Auch die Schließmuskeln sowie der Fußmuskel, der zur Fortbewegung dient und mit Schleimdrüsen ausgestattet ist, liegen im Inneren des Gehäuses.

Durch eine Öffnung im Mantel strömen Atemwasser und Nahrungspartikel ins Innere, durch eine zweite wird das von den Kiemen gefilterte Wasser wieder ausgeschieden. Durch eine weitere Öffnung kann die Muschel ihren Fuß nach außen strecken. Wie bei allen Muscheln, die im Meeresboden vergraben leben, bildet das Mantelgewebe um die Ein- und Ausströmöffnung einen sogenannten Sipho, ein schlauchartiges Gebilde. Ihn kann die Muschel ausstrecken und, obwohl sie im Meeresboden vergraben ist, frisches Atemwasser und Nahrung aufnehmen. Bei Gefahr zieht sie den Sipho blitzschnell ins Gehäuse zurück.

Wo leben Gemeine Herzmuscheln?

Die Gemeine Herzmuschel hat ein sehr großes Verbreitungsgebiet: Sie kommt im östlichen Atlantik von der Barentsee hoch oben im Norden bis Mauretanien im nordwestlichen Afrika vor. Auch in der Nordsee und Ostsee ist sie zu finden. Sie lebt aber auch im Mittelmeer, im Schwarzen Meer und im Kaspischen Meer sowie im Aralsee.

Die Gemeine Herzmuschel ist eine Art des Wattenmeers. Das ist der Lebensraum an der Meeresküstee, der von Ebbe und Flut geprägt ist: Dort fällt der Boden zweimal am Tag trocken und wird zweimal täglich wieder vom Meer überflutet. Die Muschel kommt dort in null bis zehn Meter Tiefe vor. Sie lebt nur auf sandig-schlicken Böden und gräbt sich dort ein bis drei, maximal fünf Zentimeter tief ein. In der Nordsee ist sie eine der häufigsten Muschelarten. In der Zone von drei Metern Wassertiefe tummeln sich bis zu 245 Exemplare auf einem Quadratmeter. Die Herzmuschel verträgt auch unterschiedliche Salzgehalte. Allerdings bleibt sie bei niedrigem Salzgehalt kleiner und ihre Schalen sind dünner.

Welche Herzmuschelarten gibt es?

Es gibt mehrere Hundert verschiedene Arten von Herzmuscheln, die über die Meere der ganzen Welt verstreut leben. Beispiele sind die Brackwasser-Herzmuschel, die ebenfalls in Nord- und Ostesee vorkommt, die etwas größere Flache Herzmuschel, die an den Küsten des Pazifiks, im Roten Meer und am Persischen Golf lebt oder die Gelbe Stachelherzmuschel, die an der Atlantikküste der USA bis hinunter nach Brasilien zu finden ist.

Wie alt wird die Gemeine Herzmuschel?

Im Durchschnitt werden Gemeine Herzmuscheln drei, im besten Fall bis zu neun Jahre alt.

Verhalten

Wie leben Gemeine Herzmuscheln?

Zu ihrem Namen kam die Herzmuschel, weil die Form ihres Gehäuses einem Herz gleicht, wenn man eine komplette Muscheln mit ihren beiden Gehäusehälften von der Seite anschaut. Betrachtet man bei Ebbe den Boden genauer, kann man oft ovale, bis 1 cm lange Löcher sehen: ein Hinweis, dass im Boden darunter Herzmuscheln leben. Manchmal sieht man es sogar, wenn eine Muschel verbrauchtes Wasser in einer winzigen Fontäne ausstößt. Weil sie sich nur knapp unter den Boden eingräbt, kann man die Muscheln manchmal sogar spüren, wenn man bei Ebbe mit bloßen Füßen über den Wattboden läuft.

Wird die Gemeine Herzmuschel von den Wellen freigespült, kann sie sich mithilfe ihres Fußes wieder eingraben. Sie schafft das erstaunlich schnell innerhalb von zwei bis zehn Minuten. Dieses kleine Schauspiel kann man auch selbst beobachten. Gräbt man eine Muschel aus und setzt sie auf den Boden, schiebt sie ihren Fuß aus dem Gehäuse, streckt ihn lange aus und gräbt sich mit kontrahierenden Bewegungen in den Boden ein. Ihr kräftiger Fuß zieht sich dabei ruckartig zusammen, sodass sich zunächst die Schale aufrichtet, und streckt sich dann wieder.

Zusätzlich öffnet sie beim Graben ihre Schalen und das Innere füllt sich mit Wasser. Durch die Kontraktionsbewegungen wird das Wasser ausgestoßen und der Sand unter der Muschel weggespült. So kann sie sich noch besser eingraben. Das alles wiederholt die Muschel mehrmals und ist dann wieder im Boden verschwunden. Die Gemeine Herzmuschel kann sogar bis zu 50 cm weit springen: Dazu krümmt sie die Spitze ihres Fußes ein, stemmt sie gegen ein festes Hinderniss im Boden, etwa einen Stein, streckt den Fuß schnell wieder aus und schnellt sich so in die Luft.

Die Gemeine Herzmuschel ist hart im Nehmen: Sie kann auch niedrige Sauerstoffkonzentrationen aushalten oder sogar ein paar Tage ganz ohne Sauerstoff auskommen. Sie fährt dann ihren Stoffwechsel zurück und senkt den Herzschlag, sodass dass sie kaum noch Sauerstoff braucht. Auch ein schwankender Salzgehalt des Meerwassers macht ihr nichts aus.

Ist der Winter sehr kalt, sterben viele Herzmuscheln. Normale Winter überleben sie aber, eingegraben in den Boden, gut.

Freunde und Feinde der Gemeinen Herzmuschel

Die Gemeine Herzmuschel hat viele Feinde: Alle Vögel, die im Watt nach Nahrung suchen, machen sich über die Muscheln her. Ein Austerfischer etwa kann 200 bis 300 Herzmuscheln an einem Tag fressen. Aber auch für Garnelen, Krebse, Würmer und Plattfische ist die Muschel ein Leckerbissen. Vor allem ein großer Teil der jungen Muscheln fällt Fressfeinden zum Opfer. Die älteren Tiere sind durch ihre harte, große Schale besser geschützt. Allerdings verschlucken manche Vögel wie etwa Silbermöwen ganze Muscheln und zermahlen sie in ihrem Kaumagen.

Die Gemeine Herzmuschel ist auch beim Menschen begehrt: Sie wird in manchen Ländern in großen Mengen gefangen und gegessen.

Wie vermehren sich Gemeine Herzmuscheln?

Die Gemeine Herzmuschel wird im Alter von zwei Jahren geschlechtsreif. Männchen und Weibchen geben Ende Mai ihre Spermien bzw. Eier ins Wasser, wo die Befruchtung stattfindet. Jedes Weibchen kann 5000 bis 50000 Eier produzieren. Die Larven leben drei bis fünf Wochen im freien Wasser und sinken dann auf dem Boden nieder. Dort verwandeln sie sich in winzige Jungmuscheln.

Pflege

Was fressen Gemeine Herzmuscheln?

Die Gemeine Herzmuschel ist ein sogenannter Filtrierer: Mithilfe ihrer Kiemen filtern sie aus dem über den Sipho einströmenden Wasser das Plankton, das sind mikroskopische kleine Lebewesen und Pflanzen, die im Wasser schweben. Pro Stunde kann eine Herzmuschel je nach Alter und Größe ein bis zu zwei Liter Wasser filtrieren. Da so unglaublich viele Herzmuscheln im Wattenmeer leben, hat man errechnet, dass sie innerhalb weniger Wochen das gesamte Wasser des Wattenmeers filtrieren.

Noch mehr Watt-Bewohner

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Barbara Kiesewetter